Gestern Abend stand wieder einmal ein Abend in unserer Reihe ›Verlagsporträt‹ am Programm. Genauer gesagt, der Salzburger Otto Müller Verlag sowie zwei neue Debütromane – Anne Korth mit »Protokoll einer Annäherung« und Katharina Feist-Merhaut mit »sterben üben«.
Zu Beginn der Veranstaltung erzählzte Nadine Hötzendorfer-Fejzuli, seit 2023 Verlagsleiterin von Otto Müller, über die lange und zeitweise turbulente Geschichte des Verlags. Der bereits 1937 gegründete unabhängige Literaturverlag wollte ursprünglich v.a. theologische und geisteswissenschaftliche Texte ins Programm aufnehmen und vermitteln, gleichzeitig aber auch die ›schöne Literatur‹ ins Zentrum rücken. Nach schwierigen Zeiten während des Nationalsozialismus – Otto Müller wurde bereits zwei Jahre nach Verlagsgründung inhaftiert und zum Zwangsverkauf gedrängt – konnte die Arbeit 1946 wieder aufgenommen werden. Die 1950er- und 60er-Jahre brachte viele spannende Veröffentlichungen, die auch heute noch erhältlich sind und gerne gelesen werden, seien es Mundartgedichte von H.C. Artmann oder das einzige im Otto Müller Verlag erschienene Kinderbuch »Die Sternenmühle« von Christine Busta.
Im Gespräch mit Ines Scholz berichtete Nadine Hötzendorfer-Fejzuli außerdem von der geplanten Programmerweiterung Richtung Sachbuch, die in Zukunft ihre literarischen Veröffentlichungen ergänzen soll, erzählte von ihren laufenden Reihen, der Literaturzeitschrift ›Literatur und Kritik‹ sowie der von Hans Weichselbaum herausgegebenen Trakl Studie und stellte das aktuelle Verlagsprogramm vor.
Nach diesem Einblick in die Arbeit des Verlags stellte Anne Korth ihren Debütroman »Protokoll einer Annäherung« vor. Skizzenhaft und einfühlsam erzählt die Autorin von dem langsamen Kennenlernen von Marie und Robert. Marie, die sich nach einem sexuellen Übergriffs ihres Exfreundes nur schlecht auf Nähe einlassen kann, wird von ihrem eigenen Ich aus einer Außenperspektive beobachtet. Die Gewalterfahrung, die nur am Rande erwähnt und angedeutet wird, verfolgt sie dabei als Schatten, der immer länger wird, je näher sie Robert kommt.
Zwischen ausgewählten Lesepassagen aus dem Buch, erzählte Anne Korth im Gespräch mit der Moderatorin, warum sie gerade diese spezielle Erzählperspektive gewählt hat, von den vielen Beschreibungen der Umgebung, von der Rolle der Sprache und des Schreibens für die Figuren sowie über die Schönheit und Ruhe der Natur, die für die Figuren als Gegensatz zur Stadt stehen.
Zum Abschluss des Abends präsentierte Katharina Feist-Mehraut ihren gerade an diesem Tag erschienenen Debütroman »sterben üben«, an dem sie die letzten Jahre gearbeitet hat.
Unterteilt in vier episodenhafte Abschnitte mit den Titeln »sammeln, üben, erinnern, kümmern«, begleitet der/die Leser*in die Ich-Erzählerin und ihre Großmutter, wie sie sich über mehrere Jahre mit dem Älterwerden der Großmutter auseinandersetzen. Als Grundstock des Textes dienen dabei stets die Sätze der Großmutter.
Der Roman ist liebevoll und behutsam geschrieben, der trotz des schwierigen Themas viel Humor mit sich bringt.
Im Gespräch, das durch die Lesung ausgewählter Stellen der Autorin ergänzt wurde, erzählte Katharina Feist-Merhaut über ihren Umgang mit den Themen Pflege, Care-Arbeit und Tod, von der Bedeutung von Humor für ihren Text und den zahlreichen Zitaten anderer Autor*innen sowie über Herausforderungen, die sich durch die Arbeit an einem so persönlichen Buch ergeben.
Moderation: Ines Scholz
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 20.3.2025