Im Rahmen eines gemeinsamen Themenschwerpunkts mit dem Literaturhaus Wien fanden diese Woche zwei von der Autorin Evelyn Steinthaler und der Historikerin Karin Moser konzipierte Abende statt, die dem großen Schriftsteller und Visionär Hugo Bettauer gewidmet waren. Auf diesen wurde vor knapp 100 Jahren, am 10. März 1925, ein Attentat durch einen Nationalsozialisten verübt, dessen Folgen Bettauer 16 Tage später erlag.
Wissenswertes über Bettauer und seine Ermordung konnten Interessierte an den beiden Veranstaltungstagen schon vorab an den Schauplätzen dieser Tat erfahren. Denn zwei von Evelyn Steinthaler begleitete, von der Bezirksvorstehung Josefstadt geförderte Spaziergänge führten von der Langen Gasse 5-7, dem Ort des Attentats, über den Hugo-Bettauer Platz und weiteren bedeutenden Schauplätzen – wie etwa der Landesgerichtsstraße – zu den beiden Veranstaltungsorten in der Herrengasse bzw. der Seidengasse.
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Evelyn Steinthaler während des Bettauer Spaziergangs am Hugo-Bettauer-Platz © ÖGfL -
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Während vorgestern im Literaturhaus – passend zur Lange des Veranstaltungshauses im 7. Bezirk – eine Vorführung des nach Bettauers Roman gedrehten Stummfilms »Die freudlose Gasse« aus dem Jahr 1925 mit anschließendem Publikumsgespräch stattfand, drehte sich der gestrige Abend in der Literaturgesellschaft um den Autor selbst sowie um sein bekanntestes Werk »Die Stadt ohne Juden«.
Eingangs las Evelyn Steinthaler Passagen aus dem Roman und sprach über die literarische Bedeutung Bettauers, den sie als »Inbegriff des Kolportageschriftstellers« bezeichnete. Im Anschluss folgte eine von Karin Moser moderierte Podiumsdiskussion, zu welcher sie ihre beiden Gesprächspartner*innen auf die Bühne bat: den Publizisten und Historiker Peter Huemer, der 1976 den Mörder Bettauers interviewt hatte, sowie die Direktorin des Wiener Jüdischen Museums, Barbara Staudinger.
»Hugo Bettauer war ein bedeutender Journalist, er war als Schriftsteller insofern bedeutend, als er die Themen der Zeit aufgegriffen hat und damit einen unglaublichen und breiten Erfolg beim lesenden Publikum – und zwar in viele Schichten der Bevölkerung hinein – gehabt hat. […] Und alles in allem war er ein großartiger Mensch in seiner Zeit.«
Peter Huemer
Das spannende Gespräch berührte verschiedenste Facetten nicht nur von Bettauers Leben und Schaffen, sondern auch des jüdischen Lebens zu dieser Zeit in Wien, das als damalige Hauptstadt des Antisemitismus bezeichnet werden kann. Zur Sprache kamen etwa Bettauers Bemühungen, gegen die sozialen Probleme der Menschen anzuschreiben, das Feindbild, das er für die Nationalsozialsten darstellte, die falsche Prophetie, die dem Roman »Stadt ohne Juden« zugeschrieben wird, sowie die Vergleichbarkeit bestimmter historischer Prozesse in der Vergangenheit und der Gegenwart.
Moderation: Karin Moser
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 19.3.2025