Gestern Abend durften wir mehrere bedeutende Übersetzer*innen in der ÖGfL begrüßen: Regaip Minareci, Mikhail Rudnitskiy und Arild Vange sprachen mit José Aníbal Campos über Franz Kafka und das Übersetzen seiner Werke.
Nach einführenden Worten von Manfred Müller gaben die Übersetzer*innen einen kurzen Überblick über die Rezeptions- und Übersetzungsgeschichte Kafkas in Norwegen, Spanien, Russland und der Türkei. Insbesondere die Rezeption im Kontext der jeweiligen politischen und kulturellen Verhältnisse dieser Länder wurde diskutiert. Ein Schwerpunkt lag auf der Rolle der gesellschaftlichen Umstände. So erläuterte Regaip Minareci, dass die türkische Rezeption Kafkas eng mit politischen Umbrüchen verbunden ist – in den 1960er Jahren etwa wurden Kafkas Werke während Militärputschen verstärkt gekauft. Arild Vange betonte die sprachliche Herausforderung, Kafka ins Norwegische zu übersetzen, einem Land mit zwei Schriftsystemen, in dem Kafka schon sehr früh ab den 1920er-Jahren übersetzt wurde, während Mikhail Rudnitskiy die Sowjet-Interpretation von Kafka als Kritiker totalitärer Systeme beleuchtete. José Aníbal Campos zeigte, wie in Spanien die späte Rezeption Kafkas eng mit den Nachwirkungen der Franco-Diktatur verbunden war.
Im zweiten Teil des Abends stellten die Übersetzer*innen ausgewählte Textstellen vor: von dem »Brief an den Vater« über »Das Schloss« bis hin zu Kafkas Tagebüchern offenbarte sich ein breites Spektrum an Interpretationen und Übersetzungsansätzen.
Gemeinsam mit der Österreichischen Franz Kafka-Gesellschaft und der IG Übersetzerinnen Übersetzer
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 9.12.2024