Gestern Abend durften wir gemeinsam mit traduki und dem Collegium Hungaricum den ungarischsprachigen Autor László Végel in der ÖGfL begrüßen. Angereist aus seiner Heimatstadt Novi Sad, hatte er seinen autobiografischen Roman »Unsere begrabene Vergangenheit« (Wieser) in der Übersetzung von Christina Kunze im Gepäck.
Wie Moderator Cornelius Hell eingangs festhielt, führe der Roman tief hinein in die Landschaft der Vojvodina, eine autonome Provinz Serbiens, die sich durch die Beheimatung verschiedenster Volksgruppen auszeichnet. Nicht nur in die physische Landschaft, sondern auch in die politische und die historische Landschaft sei diese Autobiografie eingeschrieben. Erzählt wird die Geschichte einer ursprünglich deutschsprachigen Familie, die durch politische Entscheidungen innerhalb von drei Generationen mehrfach zum Wechsel der eigenen Idenität gezwungen ist.
»Der Roman ist hochaktuell. Vieles, das geschildert und erzählt wird, gilt für alle ungarischen Minderheiten, zum Beispiel für die in Rumänien, vieles nicht nur für die ungarischen Minderheiten. Vieles, das wir bis heute diskutieren, Migration, Identität, Mehrfachidentität, wird in diesem Roman mehrfach durchgespielt.«
Cornelius Hell
Im Gespräch mit Cornelius Hell sprach László Végel, gedolmetscht von Emese Dallos, u.a. über das Verhältnis von Fakt und Fiktion im Roman, den Anteil der ungarischen Sprache im literarischen und kulturellen Leben Novi Sads sowie seine bewusste Entscheidung als »Lokalpatriot«, nicht nach Ungarn auszuwandern.
»Jugoslawien war eine interessante Konstellation, aber das hat mir gefallen – halbwegs ein Zuhause. Serbien ist für mich zu klein, Ungarn ebenso. Budapest wahrscheinlich zu groß, und als Angehöriger einer Minderheit war Europa immer für mich wie eine Stiefmutter. Ich habe keine Nation hinter mir.«
László Végel, gedolmetscht von Emese Dallos
Zwischen den Gesprächsteilen las Nikolaus Kinsky Passagen aus dem Buch.
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 19.11.2024
Die Veranstaltung fand gemeinsam mit traduki und dem Collegium Hungaricum statt