
In der Belvederegasse 10 im 4. Bezirk wurde am 19. April 2016 die bisher letzte von der Literaturgesellschaft gestiftete Gedenktafel angebracht.
Auf Betreiben von Georg Deutsch und durch private Spenden ermöglicht, ist sie dem Autor und Journalist Soma Morgenstern (1890-1976) gewidmet, der hier von 1934 bis März 1938 gewohnt hatte.
Die Tafel wurde von seinem Sohn Dan Morgenstern feierlich enthüllt. Anlässlich seines 40. Todestags fand im Anschluss daran eine Gedenkveranstaltung im Jüdischen Museum Wien mit Vorträgen renommierter Literaturwissenschaftler statt. Georg B. Deutsch sprach über Morgensterns Beziehung zu Wien, Jacques Lajarrigue über dessen Beziehung zu Frankreich und Dan Morgenstern über seine eigenen Erinnerungen an Wien und seinen Vater. Zum Abschluss las Peter Matić aus Erinnerungsbüchern des Autors.
Im damals österreichischen Ostgalizien geboren, wuchs Salomo Morgenstern in einer orthodox-jüdischen Familie auf. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Wien, welches er nach einer Unterbrechung durch den Kriegsdienst 1921 abschloss, begann er zuerst als Theaterautor und Journalist – u.a. bei der Frankfurter Zeitung – zu arbeiten. Als er 1933 aufgrund der Diskriminierung und Verfolgung von Juden entlassen wurde, widmete er sich fortan vollkommen seiner literarischen Tätigkeit. Sein erster Roman »Der Sohn des verlorenen Scheins« – der erste Teil einer Trilogie – wurde 1935 veröffentlicht und von positiven Rezensionen begleitet. Deutsche und österreichische Zeitungen schenkten dem Roman jedoch keine Beachtung.
Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland im März 1938 musste Soma Morgenstern das Land schnellstmöglich verlassen. Gefahr bestand nicht nur durch seine jüdische Herkunft, sondern auch, da er bereits 1930 aufgrund seiner Publikationen auf der »Schwarzen Liste« der Nationalsozialisten registriert worden war. Seine Frau und seinen an Scharlach erkrankten Sohn musste er zurücklassen, sie wurden erst nach Kriegsende wieder vereint. Er flüchtete zuerst nach Frankreich und konnte schließlich mit großer Mühe in die USA emigrieren, wo er 1976 in New York starb.
Soma Morgenstern, der bereits als Jugendlicher erste literarische Texte verfasste, zählte lange Zeit als »vergessener« Schriftsteller. So wurde er erst etwa zwanzig Jahre nach seinem Tod wiederentdeckt und eine Gesamtausgabe seines Œuvres veröffentlicht.
Zu seinen literarischen Texten, die er trotz umfassender Sprachkenntnisse – u.a. Jiddisch, Ukrainisch, Hebräisch, Polnisch und Englisch – stets auf Deutsch schrieb, zählen Erinnerungen, Dramen und Romane. So u.a. die Romantrilogie »Funken in Abgrund«, der Romanbericht »Flucht in Frankreich«, der Roman »Die Blutsäule« sowie seine Erinnerungsbücher »Joseph Roths Flucht und Ende« und »Alban Berg und seine Idole«.
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Enthüllung der Gedenktafel für Soma Morgenstern: ©ÖGfL -
Dan Morgenstern und Manfred Müller: ©ÖGfL -
Gedenktafel @ÖGfL -
Einladung zur Gedenkveranstaltung -
Zeichnung des Hauses in der Belvederegasse 10, 1040 Wien -
©ÖGfL -
Gedenktafel @ÖGfL -
Ausschnitt Gedenktafel © Lukas Spreitzer