Wie kommt ein Dichter, eine Dichterin zum Wort? Gibt es das passende, das richtige Wort, und wenn ja, für alle Lebenslagen? Wie kommen Bild und Klang zusammen?
Dies sind nur einige der Fragen, die am gestrigen Lyrikabend mit Mira Magdalena Sickinger und E.A. Richter zur Sprache kamen und die ihre beiden Bände »Für euch vergossen« (Klever) und »Morphose« (Edition Melos) verbinden.
Im ersten Teil des Abends präsentierte die Schriftstellerin und Philosophin Mira Magdalena Sickinger ihr Debüt »Für euch vergossen«. In dem Band, der mit dem von ihr selbst geschaffenen Begriff der »poesophie« untertitelt ist, finden sich sechs Gedichtzyklen, die sich jeweils an einer musikalischen Form orientieren. Zentral ist, wie im Gespräch mit Ursual Ebel deutlich wurde, die Klanglichkeit, die die Gedichte von prosaischen Texten klar unterscheidet. Die poetische, brüchige, körperliche Sprache Sickingers steht in der Tradition des nicht diskursiven Schreibens sowie der Écriture féminine. Ironie und Ernsthaftigkeit treffen in diesem Textgefüge genauso aufeinander wie philosophische Themen und Obszönitäten.
Anschließend las E.A. Richter aus seinem neuen Lyrikband »Morphose«, in dem der Autor lyrische Sprache mit einem heiteren Erzählton kombiniert und auf diese Weise ein lyrisches Tableau erschafft. Unterschiedliche Fundstücke und Worte geben Impulse für die in dem Band gesammelten Gedichte, in deren Zentrum das Brüchige sowie oftmals die Übergänge zwischen Innen- und Außenwelt stehen.
In einem abschließenden gemeinsamen Gespräch beider Lyriker*innen mit Publikumsbeteiligung wurden u.a. der Umgang mit Intertextualität, die Veränderung der Texte durch das verwendete Medium und die Impulsgebung für den Schreibprozess angesprochen
Moderation: Ursula Ebel
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 16. Oktober 2025