Im Zentrum des gestrigen Abends im Café Central standen zwei sehr aktuelle Bücher, die sich dystopischen Szenarien widmen, wie Europa aussehen könnte, wenn sich die politische Lage weiter in Richtung nationalistischer Regierungen bewegt.: »Zwei Tage im Sommer« (Edition Atelier) von Lukas Pellmann sowie »Autochthon« (Kremayr & Scheriau) von Jürgen Pettinger.
Lukas Pellmann spinnt in seinem Roman »Zwei Tage im Sommer« die politische Lage Österreichs sowie die rechts-nationalen Tendenzen unserer Gegenwart fort. An der Grenze zwischen Österreich und Ungarn bricht Krieg aus, denn die ungarische Armee marschiert ins Burgenland ein, mit dem Ziel, Groß-Ungarn wieder herzustellen. Mitten drin eine deutsche Familie mit ihrer 7-jährigen Tochter Nicola. Aus drei Perspektiven werden die Ereignisse abwechselnd erzählt, einerseits in der aktuellen Zeit aus Sicht der Mutter sowie eines ungarischen Soldaten und andererseits 25 Jahre später, als Interview mit der nun Erwachsenen Nicola, die auf den 10-Tageskrieg zwischen Österreich und Ungarn zurückdenkt. Der Autor widmet sich sehr zentralen Themen, etwa Entwicklungen der EU, Österreichs Neutralität, Veränderungen in der Medienlandschaft oder der Klimakrise. Ebenso gibt er einen Einblick in die ungarische Geschichte des 20. Jahrhunderts sowie in die Geschichte des Burgenlands.
Im Gespräch mit Ines Scholz berichtete der Autor von seiner intensiven Recherche zur Geschichte Ungarns und des Burgenlandes, seiner Verbindung zum Neusiedler See sowie die Rollen, die die verschiedenen Figuren im Roman einnehmen, die auch in der Realität im Kriegsalltag zu finden sind.
Jürgen Pettinger hingegen stellt ein eingeführtes Remigrationsgesetz und seine Konsequenzen in den Mittelpunkt seines Romans »Autochthon«. Das Gesetz bestimmt die Ausweisung von Nicht-Staatsbürgern ebenso wie von Personen mit Migrationshintergrund, unabhängig von familiären Situationen oder wie lange sie bereits im Land leben. Als Inspiration für sein Buch diente der in den 1920ern erschienene Roman »Die Stadt ohne Juden« von Hugo Bettauer. In drei Abschnitten, die verschiedene Phasen der Implementierung des Gesetzes und seine Konsequenzen schildern, erschafft er mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Ironie dystopische Szenarien, die einen Blick auf Gefahren von Nationalismus und politischer Intoleranz werfen.
Im Gespräch mit der Moderatorin erzählte Pettinger von seiner Faszination mit dem Autor Hugo Bettauer, den Quellen aus realen Reden von Politiker*innen für seine Figuren und Szenen sowie welche wirtschaftlichen Konsequenzen solch ein Gesetz tatsächlich hervorbringen könnte.
Den Abschluss des Abends bot ein Gespräch zu dritt, in dem die beiden Autoren weiters die Gefahren betonten, die mit der Einschränkung von Pressefreiheit – in beiden Büchern zentrale Themen – einhergeht sowie den Einfluss ihrer eigenen journalistischen Tätigkeit auf ihr literarisches Schreiben.
Moderation: Ines Scholz
Gemeinsam mit dem Café Central Wien
Café Central, 13. Oktober 2025