Der gestrige Abend mit Reinhard Kaiser-Mühlecker brachte das Publikum ins Schwitzen, aber nicht weil Kaiser-Mühlecker mit seinem vorgestellten Roman »Wilderer« (S. Fischer) Angst und Panik verbreitet hätte, im Gegenteil:
Seine angenehm rauchige Stimme, das Ehrliche und Ungekünstelte, das stets in seinen Worten mitschwang, und der subtile, hier und da aufblitzende, aber immer wohlgesetzte Humor haben den Raum in eine magische Atmosphäre versetzt, die man nicht erreicht, wenn man sie erzwingen möchte.
Sein Roman »Wilderer« erzählt vom Leben auf dem Land, von Jakob, einem Bauern, der auf der Suche nach Komplizen ist, und von Katja, einer großstädtischen Künstlerin, die mit Jakob eine (Art) Liebesbeziehung eingeht. Und dann ist da noch Jakobs Hund, den es regelmäßig in die Wälder verschlägt, der Wild nachspürt. Er ist gleichwohl nicht der einzige »Wilderer«, sie sind alle »Wilderer«, die Protagonist*innen Kaiser-Mühleckers, sind umtriebig und erheben sich gegen die festgefahrenen Gesetzmäßigkeiten des Lebens. Sein Roman ist, wie Kaiser-Mühlecker selbst zugibt, keiner, der sich am Tagesgeschehen orientiert, er ist einer, der den Fragen nachgeht, die überzeitlich beschäftigen, die uns zu »Wilderern« machen.
In den Gesprächen mit Moderator Manfred Müller, wo mitunter jede Frage eine persönliche wurde (ein Insider der Lesung!), hat der Autor vertiefende Einblicke in dieses auf der Oberfläche einfache, aber darunter komplexe und anspruchsvolle Werk gewährt: Wie schwer die Titel(aus)wahl etwa sein kann, dass Figuren nicht nur Namen sind oder was am Anfang seines Romans stand.
Bei solchen Gesprächen, bei solch einem aufregenden Buch, da konnte man schon (fast) wieder vergessen, dass der gutbesuchte Saal bisweilen die Tagestemperaturen annahm…
Begrüßung: Sandra Diepenseifen (BMEIA)
Moderation: Manfred Müller
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 7. September 2022