Am Donnerstagabend fand im Rahmen der Tagung »Jenseits der Parodien. Das Werk Robert Neumanns im Zeitalter der Extreme« die Präsentation seines lange vergriffenen und nun bei Jung und Jung neu herausgegebenen Romans »An den Wassern von Babylon« statt. Moderiert von Manfred Müller wurden im gemeinsamen Gespräch mit dem Germanisten Günter Stocker und dem Schriftsteller Karl-Markus Gauß verschiedene Facetten des Buches herausgearbeitet.
Der Roman spielt in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg und hat eine komplexe Romanstruktur, die es Robert Neumann erlaubt, die unterschiedlichsten Geschichten über die unterschiedlichsten Figuren in der unterschiedlichsten Art und Weise zu erzählen: Zehn der zwölf Kapitel berichten, fast wie herausgelöste Erzählungen, über die Schicksale bestimmter Figuren, wobei diese thematisch in vier größere Abschnitte zusammengefasst sind. Das erste und das letzte Kapitel fungieren hingegen als Rahmenhandlung, in der sich die Figuren in einem Bus an der Grenze zwischen Ägypten und Palästina wiederfinden. Sie alle eint der Wunsch, nach Palästina zu gelangen.
Nach einer musikalischen Einleitung des Abends, in der »Rivers of Babylon« von The Melodians erklang, sprach Günther Stocker über die Entstehungsgeschichte des Exilromans, der erstmals 1939 in englischer Übersetzung erschienen war. Karl-Markus Gauß ging auf die sprachliche Gestaltung von »An den Wassern von Babylon« ein und bot – wie später am Abend auch Günther Stocker – einige Kostproben aus dem Buch. Des Weiteren wurden im Gespräch u.a. die höchst unterschiedlichen Schreibverfahren Robert Neumanns, der Aufbau des Buches und der Staat Israel als Utopie vor dem Hintergrund der Bedrohung der Shoah thematisiert.
Für Karl-Markus Gauß sei der ihm zuvor unbekannte Roman, wie er nicht nur während der Veranstaltung sondern auch in einem mit dem ORF vorab geführten Interview verriet, eine große Entdeckung, auch weil es
»in diesem Roman eigentlich keinen begeisterten Zionisten [gibt]. Niemand wollte nach Israel gehen. Sie sind durch äußere Zwänge irgendwie dazu gekommen, als letzte Rettung für ihr Leben oder auch nur für ihre Identität.«
Karl-Markus Gauß
Moderation: Manfred Müller
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 22.05.2025
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