Gestern durften wir Peter Rychlo in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur willkommen heißen. Er sprach über die ›Bukowinisch-Galizische Literaturstraße‹, ein deutsch-ukrainisches Kulturprojekt.
Paul Celan, Salcia Landmann, Karl Emil Franzos, Joseph Roth, Manès Sperber, Rose Ausländer – eine Aufzählung, die noch um etliche Namen ergänzt werden könnte. Doch was verbindet diese Autor:innen? Wer einen aufmerksamen Blick in die Biografien der Schriftsteller:innen wirft, dem werden zwei Gemeinsamkeiten ganz besonders ins Auge stechen: alle angeführten Autor:innen verfassten ihre berühmtesten Texte zwar auf Deutsch, entstammten aber keinesfalls einem monolingual-deutschsprachigen, sondern im Gegenteil, einem multikulturellen und sprachlich vielfältigen Kontext. Sie alle wurden in Bukowina oder Galizien, ehemaligen Kronländern der Habsburgermonarchie geboren. Die ›Bukowinisch-Galizische Literaturstraße‹ hat es sich zur Aufgabe gemacht diese Autor:innen, die in der heutigen Ukraine zur Welt kamen, auch in ihrem Herkunftsland aus der Vergessenheit auszugraben, sie von ihrer Staubschicht zu befreien und ihren Bekanntheitsgrad in der ukrainischen Bevölkerung zu erhöhen.
Davon berichtete auch Petro Rychlo in seinem gestrigen Vortrag in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur. Mit ansteckender Begeisterung erzählte er von den vielzähligen Erfolgen, die das Kulturprojekt bereits verzeichnen kann und zeigte Abbildungen von bisher installierten Denkmälern für die besagten Schriftsteller:innen sowie im Rahmen der ›Bukowinisch-Galizische Literaturstraße‹ veröffentlichten Übersetzungen deutschsprachiger Texte ins Ukrainische. Der Abend gestaltete sich äußerst informativ und lehrreich, gab aber, was im Hinblick auf die aktuelle Situation naheliegend ist, auch zu denken. Petro Rychlo erklärte, dass den eigentlich für die Ewigkeit geschaffenen Denkmälern aus Bronze und Granit, die vielen Schriftsteller:innen nach langen Jahren in Vergessenheit den Weg zurück in das Bewusstsein ihrer Geburtsorte ebneten, nun die Zerstörung durch Bomben und Raketen drohe.
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 10. Oktober 2022