Marta Kijowska präsentierte gestern Abend ihr Buch »Nichts kommt zweimal vor. Wisława Szymborska. Eine Biografie« (Schöffling). Es handelt sich dabei um die erste deutschsprachige Biografie zu der bereits verstorbenen polnischen Nobelpreisträgerin. Der Vortrag von Marta Kijowska bot dem Publikum einen Überblick über das Leben von Wisława Szymborska (1923-2012) sowie über den Forschungsstand zu ihrer Biografie und beinhaltete die Lesung von Stellen aus der neuen Biografiesowie einiger Gedichte von Wisława Szymborska durch Bettina Rossbacher.
Wisława Szymborskas Werk umfasst dreizehn Gedichtbände und sie bekam 1996 den Nobelpreis verliehen. Wie Marta Kijowska in bei der Veranstaltung berichtet, war die Autorin zurückhaltend, nachdenklich und medienscheu. Unter ihren Freunden blühte sie allerdings auf und bewies einen ausgeprägten Sinn für Humor. All diese Facetten ihrer Persönlichkeit sind durchgehend in ihrer Lyrik zu finden, etwa in der Wahl der Gedichtformen bei der Szymborska eine Vorliebe für scherzhafte Fomate zeigte. Die Lyrikerin war fast ihr ganzes Leben lang in Krakau wohnhaft und erlebte dort auch die deutsche Okkupation während des Zweiten Weltkriegs. Als der Krieg endete machte sie ihr literarisches Debüt. Da Szymborska zunächst vom Kommunismus überzeugt war und an die kommunistische Regierung, die nach dem Krieg in Polen herrschte, glaubte, beinhalten ihre ersten beiden Gedichtbände Lobeshymnen auf den Kommunismus, die später heftig kritisiert und von der Verfasserin selbst mit einem Abdruckverbot belegt wurden. Während diese ersten beiden Bände auch noch nach den Vorschriften des Sozialistischen Realismus verfasst waren, war ihr dritter Band »Rufe an Yeti« hingegen nicht nur literarisch rebellisch gestaltet, sondern auch inhaltlich verändert. Die Lyrik Szymborskas hat eine Eigenständigkeit, die die Zuordnung zu einer etablierten Stilrichtung nach ihrer endgültigen Abwendung vom Sozialistischen Realismus nicht zulässt.
Szymborska arbeitete auch für eine Literaturzeitschrift und nutzte ihre Position dort um junge Dichter*innen zu fördern. Als wichtige Personen in Wisława Szymborskas Leben nannte Kijowska den Vater Wincenty Szymborski, den vorübergehenden Ehemann Adam Włodek, den langjährigen Lebensgefährten Kornel Filipowicz und den Privatsekretär Michał Rusinek. Dieser verfasste ein Buch über die gemeinsame Zeit mit der großen Literatin, aus dem Kijowska ebenfalls einige Zeilen in ihrem Vortrag einbezog.
Unter den präsentierten Gedichten waren etwa zum Einstieg »Autorenabend«, das beliebte Werk »Katze in der leeren Wohnung« sowie passend zum Ende der Lebensgeschichte der Autorin »Morgen ohne uns«.
Dass Marta Kijowskas Vortrag richtig gut war und das Interesse von potentiellen Leser*innen wecken konnte, erwies sich sogleich am Büchertisch, an dem ihr Buch ausverkauft wurde.
Begrüßung: Manfred Müller
Lesung: Bettina Rossbacher
Eine gemeinsame Veranstaltung mit dem IWM (Institut für die Wissenschaft vom Menschen)
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 11.12.2023