Ottla Davidová, geb. Kafka
Beständiger Nieselregen, die Tagestemperaturen liegen zwischen 8 und 14 Grad.
Da es für den kranken Kafka zu anstrengend geworden ist, wendet sich Dora Diamant in mehreren Briefen aus dem Sanatorium an seine jüngere Schwester Ottla. Dora informiert Kafkas Schwester nicht nur über dessen Zustand, sondern schildert auch ihre eigenen Sorgen, weil sie diese Kafka gegenüber nicht zugeben kann. Auch für Dora ist Ottla, eigentlich Ottilie, inzwischen zur Vertrauten geworden.
Liebe, schöne Ottla. Schon so lange nicht geschrieben. Aber sehr viel an Dich und Euch allen gedacht. Manchmal möchte ich, einzig und allein um Euch erfreuen zu können, dass sich Franzens Zustand bessert. Aber das sind nur wenige Momente. Ich denke meistens an Nichts. Mein Gefühls- und Denk-Vermögen ist furchtbar eingeschränkt. Ihr dürft es mir deshalb nicht Übel nehmen, wenn ich zu Euch nicht so bin, wie es sein soll. Ihr seid zu mir so gut. Ich müsste mehr an Euch denken, mehr schreiben, Euch anrufen. Ich kann nicht, kann nicht.
Dora Diamant an Ottla; Brief vom 6.5.1924
Ottla war Kafkas Lieblingsschwester. Er unterstützte sie bei der Rebellion gegen die Familie und ermutigte sie in ihren landwirtschaftlichen Bemühungen. 1917 verbrachte er einige Monate auf Ottlas Landgut in Zürau. In dieser Zeit schrieb er in einem Brief an Max Brod:
Ottla trägt mich wirklich förmlich auf ihren Flügeln durch die schwierige Welt
Kafka an Max Brod; Brief vom 13.9.1917
Dora wird den Briefverkehr mit Ottla auch nach Kafkas Tod aufrechterhalten.
Ein Podcast in 53 Folgen der Österreichischen Franz Kranz Kafka-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Literatur, gefördert vom Land Niederösterreich.
Sprecher*innen:
Franz Kafka: Robert Stadlober
Dora Diamant: Julia Franz Richter
Erzähler: Nikolaus Kinsky
Studio: medienwerk.at