Im Zentrum des gestrigen Abends standen zwei Bücher, die sich mit den Leben junger Frauen der sogenannten ›schweigenden‹ Generation beschäftigen und die man als Leser*in vom 2. Weltkrieg beginnend bis in die heutige Zeit begleitet. Wir durften dafür Gudrun Seidenauer und Wolfgang Hermann in der Literaturgesellschaft begrüßen.
Gudrun Seidenauer beleuchtet in ihrem neuen Roman »Libellen im Winter« (Jung und Jung) die Schicksale gleich mehrerer Frauen, die sich den gesellschaftlichen Vorstellungen entgegenstellen und beieinander Zuflucht und eine neue Familie finden.
Durch den Wechsel der Figurenperspektive von Kapitel zu Kapitel, erfährt man nach und nach die Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben, das Schweigen, das alle umhüllt und bekommt als Leser*in einen Einblick in das Wien der Nachkriegszeit.
Wolfgang Hermann stellt in »Bildnis meiner Mutter« (Czernin) hingegen eine spezielle Frau in den Mittelpunkt seiner Erzählung, seine Mutter.
Man erfährt von ihrer Kindheit und Jugend im Vorarlberg der 1920er und 30er Jahre, ihren Träumen und der Sehnsucht als Sängerin auf der Bühne Karriere zu machen. Schlussendlich erfährt man von dem Verzicht und ihrer Hingabe als Ehefrau und Mutter von 5 Kindern und begleitet sie bis in die 1990er Jahre. Immer wieder stellt sich der Autor dabei die Frage, wie viel man tatsächlich über seine eigenen Eltern weiß und macht sich auf eine Spurensuche nach ihrem Leben.
Letzlich versuche ich meine Mutter zu retten mit diesem Buch. Man versucht ihr einen zweiten, einen geistigen Körper zu geben, der in Erinnerung bleiben wird.
Wolfgang Hermann
Moderation: Ines Scholz
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 23. März 2023