Gestern waren Georg Bydlinski und Günther Kaip zu Gast in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur. Sie lasen aus ihren Neuerscheinungen «Flüchtiges Fest. Gedichte« (Edition Thurnhof) und «Rückwärts schweigt die Nacht. Lyrik und Prosa« (Klever). Waltraud Haas, deren Lesung ebenfalls für den Abend angedacht war, musste leider kurzfristig absagen. Ihr Verleger Ralph Klever erklärte sich jedoch bereit einzuspringen und präsentierte dem Publikum, ganz nach Anweisungen der Autorin, Auszüge aus Waltraud Haas jüngst veröffentlichtem Werk «Mit der Axt in der Hand. Lyrik und Prosa« (Klever). Manfred Müller moderierte die Veranstaltung.
Sinneseindrücke, Vergänglichkeit, Wahrnehmung – diese Themen spielten in jeder der drei gestrigen Lesungen eine große Rolle, entfalten sich allerdings teils auf ganz unterschiedliche Weise und wurden je nach Werk aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Die Besucher:innen der Österreichischen Gesellschaft für Literatur kamen in Genuss eines besonders vielfältigen, aber doch äußerst stimmigen und harmonischen Abends. Den Anfang machte Georg Bydlinski mit Auszügen aus seinem Gedichtsband «Flüchtiges Fest«. Dem folgend, was der Titel seines Werkes schon anklingen lässt, hielt der Autor während seiner Lesung das Flüchtige fest und machte das Unbeschreibbare beschreibbar. Durch die Präsentation von Lithografien, die von Michael Roher gestaltet wurden und in «Flüchiges Fest« abgedruckt sind und nicht zuletzt das gesprochene Wort, wurde die Lesung für die Zuhörenden zu einem Erlebnis mit vielen Sinneseindrücken. Als solches könnte gleichwohl auch der Vortrag Günther Kaips beschrieben werden, der seinen Texten in «Rückwärts schweigt die Nacht« ebenfalls Bilder, selbst angefertigte Zeichnungen, zur Seite stellt. In den vorgelesenen Textstellen präsentierte er Sinneseindrücke als permanenten, sich ständig verändernden, verschränkten Strom aus Wahrnehmungen und machte sie als solchen auch für das Publikum erlebbar. Im Zentrum der Lyrik- und Prosatexte, die Ralph Klever aus Waltraud Haas «Mit der Axt in der Hand« zum Besten gab, standen Erinnerungen und Emotionen. Wieder waren Bilder ein wichtiger Teil des Vortrags, diesmal jedoch keine Zeichnungen oder Lithografien, sondern Metaphern, die die Texte der Autorin besonders mitreißend und nachempfindbar gestalteten.
Moderation: Manfred Müller
Österreichische Gesellschaft für Literatur, 12. Oktober 2022