Die nächste durch die Österreichische Gesellschaft für Literatur geehrte Person ist einer der wohl bekanntesten österreichischen Schriftsteller und Dramatiker: Arthur Schnitzler (1862-1931). Er gilt als der wichtigste Vertreter der Wiener Moderne und widmete sich in seinen Werken den psychologischen und sozialen Abgründen der bürgerlichen Gesellschaft. Zu seinen bekanntesten Werken zählen Dramen, wie beispielsweise »Reigen« (1903) und »Der einsame Weg« (1903), Romane (u.a. »Der Weg ins Freie« (1907)), sowie Erzählungen und Novellen (u.a. »Leutnant Gustl« (1900), »Fräulein Else« (1924)). Schnitzler stammte aus einer bürgerlichen jüdischen Familie und war so im Laufe seiner Karriere antisemitischen Äußerungen ausgesetzt. Er arbeitete ursprünglich als Arzt, widmete sich aber schon früh dem literarischen Schaffen.
Arthur Schnitzler ist auf gleich drei Tafeln der ÖGfL vertreten, diese sind an seinem Geburtshaus, seinem Wohnhaus und dem von ihm besuchten Akademischen Gymnasium angebracht. Ihm allein zu Ehren wurden an zwei Orten in Wien Tafeln befestigt:
Die erste Tafel wurde 1962 zum 100. Geburtstag des Dichters enthüllt und erinnert an seinem Wohnhaus im 18. Bezirk in der Sternwartestraße 71 an den Schriftsteller. Hier wohnte der Schnitzler vom Jahr 1910 bis zu seinem Tod.
Das Ansuchen um die Feier können Sie hier lesen:
»Sehr geehrte Herren,
Die ›Österreichische Gesellschaft für Literatur‹ beabsichtigt, am 11. Mai um 16 Uhr, an dem Hause Wien XVIII, Sternwartestraße 71 eine Gedenktafel für den Dichter Arthur Schnitzler zu enthüllen. Prof. Oskar Maurus Fontana wird dabei eine kurze Gedenkrede halten, Vertreter des Bundesministeriums für Unterricht, des Kulturamtes der Stadt Wien, literarisch interessierte Persönlichkeiten, sowie die Zeitungen sind dazu eingeladen worden. Wir erwarten, dass etwa 30 Personen erscheinen werden. Dauer: höchstens eine halbe Stunde.Wir bitten um Bewilligung dieser Feier und um Verständigung des zuständigen Kommissariates.
(Dr. Wolfgang Kraus an das Vereinsbüro der Polizeidirektion Wien, Brief vom 7. Mai 1962, ÖGfL-Archiv)
Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung
Dr. Wolfgang Kraus«
Den Hinweis zur Adresse des Wohnhauses hatte der Sohn Arthur Schnitzlers, der Regisseur und Dramaturg Heinrich Schnitzler, gegeben. Dieser kämpfte jahrelang um das schriftstellerische Erbe seines Vaters. Am Tag nach der Anbringung und feierliche Enthüllung der Tafel, schrieb er einen Brief an den damaligen Leiter der ÖGfL, Wolfgang Kraus, um seiner Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen:
»Sehr verehrter Herr Doktor,
(Heinrich Schnitzler an Wolfang Kraus, Brief vom 12. Mai 1962, ÖGfL-Archiv)
Es ist mir ein wirkliches Bedürfnis, Ihnen und der Österreichischen Gesellschaft für Literatur von Herzen für die Ehrung, die Sie dem Andenken meines Vaters zuteil werden ließen, zu danken. Dass die schöne Gedenktafel an unserm einstigen Wohnhause angebracht wurde ist einzig und allein Ihrer Initiative zu verdanken. Ich bin mir der Bedeutung dieser pietätvollen Geste wohl bewusst und danke Ihnen und Ihren Mitarbeitern nochmals für Alles, was Sie getan haben, um ihre Verwirklichung zu ermöglichen.
Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung,
Ihr sehr ergebener
Heinrich Schnitzler«
Für die Anbringung der Tafel wurde auch bei dem Hauseigentümer nachgefragt, die positive Antwort auf das untere Schreiben wurde auch mittels eines Anwalts geprüft:
»Sehr geehrter Herr Doktor,
Die vor einigen Monaten unter der Patronanz des Unterrichtsministeriums gegründete „Österreichische Gesellschaft für Literatur“ hat sich die Aufgabe gestellt, die österreichische Literatur im In- und Ausland zu fördern und zu propagieren. Zu unseren besonderen Pflichten gehört es auch, die Erinnerung an große österreichische Dichter wachzuhalten und die Gedenkstätten, wie Wohn- und Sterbehäuser, entsprechend zu kennzeichnen.
(Dr. Wolfgang Kraus an Dr. Ivo Morghen, Brief vom 21. Februar 1962, ÖGfl-Archiv)
Wie uns nun Prof. Heinrich Schnitzler mitteilte, sind Sie, sehr geehrter Herr Doktor, gegenwärtig Besitzer des Hauses Sternwartestraße 71, in dem Arthur Schnitzler lange Jahre wohnte. Wir bitten Sie um Ihre freundliche Zustimmung, an Ihrem Haus eine Gedenktafel für Arthur Schnitzler anzubringen, die zum 100. Geburtstag des Dichters enthüllt werden soll.
Es ist an eine hellgraue Marmortafel im Ausmaß von etwa 60 mal 80 cm gedacht, die in schlichten schwarzen Lettern eine kurze Inschrift tragen soll. Die Tafel würde ohne jede Beschädigung des Hauses und ohne Kosten für Sie einige Tage vor dem 15. Mai befestigt werden. Herr Prof. Schnitzler hat diese Aktion begrüßt. Wir bitten Sie, uns mitzuteilen, ob Sie damit einverstanden sind und wann wir zu einen Augenschein in die Sternwartestraße kommen könnten, damit die genaue Größe und die Anbringungsstelle der Tafel in Einvernehmen mit Ihnen festgelegt werden kann.
Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung,
Dr. Wolfgang Kraus«
Es wurde wenige Jahre später eine Tafel in Reichenau an der Rax angedacht, dort hätte sich der Ort des Kurhauses Thalhof angeboten, wo Arthur Schnitzler häufig auf Sommerfrische war und bereits in seiner Kindheit Urlaube verbrachte. Zu dieser Idee gibt es im ÖGfL-Archiv einen Briefwechsel mit Gertrude Waissnix. Der Anlass zur Enthüllung der Tafel hätte die Veröffentlichung eines Buches zum Briefwechsel zwischen Arthur Schnitzler und Olga Waissnix werden sollen.
Reinhard Urbach besuchte den Ort auch einen Nachmittag, sogar ein Programm war schon geplant: Begrüßungsworte von Wolfgang Kraus, Fritz Molden und Heinrich Schnitzler, eine Gedenkrede von Hans Weigel; die Idee wurde dennoch wieder verworfen.
Die nächste Tafel, auf der Schnitzler erwähnt ist, ist am Akademischen Gymnasium im 1. Bezirk befestigt und wurde auch von der ÖGfL initiiert. In diesem Beitrag können Sie mehr dazu lesen. Das Gymnasium besuchte er von 1871 bis 1879 und legte dort am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Die Tafel wurde nur ein Jahr nach jener im 18. Bezirk enthüllt.
Eine weitere Gedenktafel ist im 2. Bezirk in der Praterstraße 16 zu besichtigen. Sie ist an seinem Geburtshaus befestigt und wurde am 29.5.1984 im Rahmen eines Symposiums enthüllt. Dieses fand unter dem Titel »WIEN – WANDLUNGEN EINER STADT IM BILD DER LITERATUR. Von der Jahrhundertwende bis zur Gegenwart« statt und wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Literatur mit Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Wien veranstaltet.